Tag 8 der Fussballeuropameisterschaft in Österreich und der Schweiz. Seit gestern bin ich mir nicht sicher, ob Bundesbern noch existiert oder ob die Hauptstadt von der orangefarbenen Welle erfasst und die Aare hinutergespült wurde. Oder ob es seit gestern vielleicht Grachten in Bern gibt und Cannabiskonsum legalisiert wurde. Der gestrige 4:1-Sieg der Niederländer hat die Stadt in schieren Ausnahmezustand versetzt. Nachdem die Gastgeber-Nati am Mittwochabend viel zu früh ausgeschieden ist, haben die Schweizer in der Holländischen Equipe neue Helden gefunden. Und da rot und orange im Farbkreis direkt nebeneinander liegen, wurde das Trikot ("s Liebli") bei vielen kurzerhand ausgetauscht und man fiebert und feiert jetzt mit den Oranjes. Für uns Deutsche ein schwer nachvollziehbares Phänomen.
Mein Schweizer Fussball-Wortschatz erweitert sich in diesen Tagen stetig. Von Schweizerdeutsch kann man an dieser Stelle aber nicht sprechen, stattdessen wimmelt es in der Schweizer Fussball-Sprache von grossartigen Anglizismen. Am Anfang war es doch befremdlich, dass der Schweizer keinen Elfmeter kennt, sondern ausschliesslich einen Penalty. Und dass man sich trifft, um "den Match zu luage". Von Ecke und Abseits ist an dieser Stelle ganz zu schweigen, die werden hierzulande nämlich von ihren englischen Brüdern "Corner" und "Offside" vertreten.
In zwei Tagen sage ich dann auf wiedersehen zu Goalie, Nati und Köbi. Dann hat mich Deutschland wieder. Für einen ganzen Sommer.
Samstag, 14. Juni 2008
Samstag, 7. Juni 2008
+++ EURO 08 +++ Tag 1
Dass die Schweizer Fussballnationalmannschaft im eidgenössischen Sprachgebrauch liebevoll mit dem Kosewort "Nati" (sprich: "Natzi") angesprochen wird, hat sich in den vergangenen Wochen vermutlich auch über die Landesgrenzen hinaus herumgesprochen. Ein paar weitere Eindrücke dieser Fussball-Europameisterschaft, die ab heute Abend vor meiner Haustür beginnen wird, werden auf diesem Wege live kommentiert: Die Autofahnen-Dichte (...wir erinnern uns noch alle lebhaft an diese fabulöse Erfindung, die vor zwei Jahren vermutlich unerwartet zum Verkaufsschlager der Fussball-Weltmeisterschaft wurde...) hat in den vergangenen Tagen exponentiell zugenommen. Aber das Schweizerkreuz rauscht nicht nur mit vorbeifahrenden PKWs an den Passanten vorbei: Auch, wer nicht so schnell gucken kann, hat dieser Tage Gelegenheit, auf dem Weg in die Migros Europa-Fahnenkunde zu betreiben. Zumindest aus den Fenstern und von den Balkonen der Studenten-WGs weht allerlei buntes Tuch, vor allem schwarz-rot-gold, rot-weiss-grün oder auch rot-grün. Dass die Maskottchen "Trix" und "Flix" heissen, das hat mir das Radio beigebracht und dass die Schoggistängeli statt "Mars" nun standesgemäss "Hopp" heissen, daran hat sich das Auge auch schon gewöhnt. Auch habe ich wochenlang das Tauziehen um den offiziellen Stadion-Song für die Schweizer Nati verfolgt: Sänger Baschi konnte sich knapp gegen den Schweizer Exportschlager DJ Bobo durchsetzen und somit heisst es nun vor jedem Spiel der Schweizer "Bring en hei" statt "olé, olé". Und was das Wichtigste ist: Pünktlich zum Anpfiff konnte mein Mitbewohner heute sein letztes fehlendes Bild im Panini-Heftchen einkleben. Huere geil.
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Nun sind es noch anderthalb Stunden bis zum Anpfiff. Hoffen wir, dass der hier seit Wochen anhaltende Regen der Stimmung keinen Abbruch tut. Und auch wenn mein Herz für die deutschen Jungs schlägt und wir selbstverständlich Europameister werden, drücke ich meinen Gastgebern heute Abend feste die Daumen.
Hopp Schwiiz!
Dienstag, 13. Mai 2008
Rimini in Pérolles II
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Unglaublich, wie schnell die Zeit im Land der mechanischen Luxusuhren vergeht. So ist es inzwischen beinahe Sommer geworden, die zweite Prüfungssession klopft freundlich aber doch fordernd an die Tür und der Tagesrhythmus wird durch Lern- und Lesestunden in der Bibliothek und gebührende Pausen am uni-eigenen Kiesstrand bestimmt. Seitdem sich die Temperatur bei etwa 23 Grad eingependelt hat, hat sich das windgeschützte, dafür aber sonnenverwöhnte Eckchen vor der Caféteria von Pérolles II in Rimini verwandelt. Eine coole Sonnenbrille ist an der Strandpromenade der Uni Fribourg ein kaum erwähnenswertes must-have, zum definitiven Trendaccessoire der Pre-Summer-Season hat sich aber vor allem das weiss-rot-braun-gestreifte Raketen-Glacé gemausert. Schliesst man die Augen für einen kurzen Moment, lässt auch die Geräuschkulisse keinen Zweifel daran, dass man sich an der italienischen Riviera befindet. Einzig und allein die Strandlektüre (Skripte, Vorlesungsnotizen und Handbücher gehören zu den beliebtesten Werken) bleibt als Hinweis darauf, dass man sich nicht in Rimini, sondern an einer Universität befindet.An den lauen Sommerabenden begibt sich das studentische Badevolk runter an die Sarine, zum 'grilliere'. Es wird ein Feuer gemacht, das darf man hier schliesslich wo immer man möchte, und dann kommt auf die Flamme, was der studentische Geldbeutel erlaubt. Wem der Weg zum Fluss hinunter zu steil oder die Cervelat ausgegangen ist, der geniesst einen knallbunten Sirop (zum Beispiel in zartrosa mit Zuckerwatte-Geschmack) auf der sagenhaft schönen Terasse des Café Belvedere, wo es sich unter riesigen Kastanien mit Blick auf Stadt, Land und Fluss schwer wieder aufstehen lässt. Fribourg im Frühling ist herrlich. Ein bisschen wie Urlaub. Mit Unigeschmack.
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